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Archiv für die Kategorie ‘Antirep Infos’

Repression 2012 – ein update

21. November 2012 Kommentare ausgeschaltet

Im letzten dreiviertel Jahr haben wir mehrere Repressions-Betroffene unterstützt und versucht so gut wie möglich deren Verfahren zu begleiten. Leider kamen wir viel zu wenig dazu über die Repression auch zu berichten – wir wollen das an dieser Stelle ein wenig nachholen:

nowkr 2012: Freisprüche und Einstellungen

Bei den antifaschistischen Protesten gegen den WKR-Ball hat es einige Festnahmen und auch nachfolgende Verfahren gegeben. Die meisten Strafverfahren, die nach nowkr eingeleitet wurden, werden wenig überraschend vom Landesamt für Verfassungsschutz Wien (LVT-Wien) geführt. Das LVT Wien wird hier als „Kriminalpolizei“ für die Staatsanwaltschaft Wien tätig. Auffällig ist, dass Strafverfahren mit Chancen auf eine Verurteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft prioritär behandelt werden und in den Akten dem mit dem Vermerk „dringend“ geführt werden. Dies ist auch der Grund wieso es bereits im März 2012 – und nicht erst wie sonst üblich frühestens ein halbes Jahr nach dem Vorfall – zu mehreren Anklagen kam:

Strafverfahren: Freisprüche und Einstellungen

Das erste Strafverfahren (Anklage wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt) endete erfreulicher Weise Anfang März 2012 mit einem Freispruch für die Betroffene. Wir haben darüber berichtet.

Ende März fand ein weiteres Strafverfahren wegen den Vorwürfen Widerstand gegen die Staatsgewalt und Sachbeschädigung an einem Taxi statt. Das Strafverfahren endete für eine betroffene Person ebenfalls mit einem Freispruch! Die zweite angeklagte Person ist zu dem Strafprozess nicht erschienen. WEGA Polizisten hatten mehrere Personen auf sehr brutale Weise festgenommen und dabei schwer verletzt. Eine betroffene Person hat deswegen sogar bevor sie ins PAZ Rossauer Lände überstellt worden ist ins Krankenhaus müssen! Beim Prozess wurde auch bekannt, dass deswegen gegen einen WEGA Polizisten ein Strafverfahren läuft. Die Anklage wegen Sachbeschädigung stützte sich auf keine Beweise und war vollkommen aus der Luft gegriffen. Die Anklage wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt bei der Festnahme wurde abgelehnt, da für den Betroffenen die Festnahme gar nicht als solche erkennbar, sondern vielmehr wie ein Überfall war.

Im Frühjahr 2012 sind zwei weitere Strafverfahren, ohne das es zu einer Anklage kam, eingestellt worden. Einmal war der Vorwurf Sachbeschädigung und einmal Körperverletzung. Wir möchten in diesem Zusammenhang nochmal betonen wie wichtig die konsequente Aussageverweigerung vor allem bei/nach der Festnahme und im Vorverfahren ist! Eine dieser betroffenen Personen ist von der Polizei zur Befragung vorgeladen worden, sie hat die Aussage verweigert – danach ist das Strafverfahren mangels Beweisen eingestellt worden.

Erfolgreiche Berufungen gegen Verwaltungsstrafen

Im Bereich Kohlmarkt hat es bei nowkr 2012 mehrere Festnahmen wegen dem Vorwurf von Verwaltungsübertretungen gegeben. Acht Betroffene bekamen im PAZ Rossauer Lände ohne die Möglichkeit einer Akteneinsicht und rechtlichen Beratung in einem Schnellverfahren bereits vor ihrer Freilassung mehrere Geldstrafen wegen Verwaltungsübertretungen. Vier Betroffene haben gegen diese Strafen berufen. Mittlerweile sind bereits drei von vier Verfahren vom UVS Wien eingestellt wurden. Die Polizei missachtete ua. das Recht auf Versammlungsfreiheit.

nowkr 2011 – Kessel Westbahnstraße

Obwohl die Polizei seit Dezember 2011 die absurden Verwaltungsstrafverfahren wegen „Gehen gegen die Einbahn“ einstellte, gab es zwei anderslautende Straferkenntnisse, da sich die Betroffenen nicht gerechtfertigt (also sich nicht schriftlich geäußert) hatten. Die Betroffenen haben dagegen berufen und vor dem UVS Wien gewonnen!

8. Mai 2012

Es hat bei den antifaschistischen Protesten mehrere Festnahmen und Identitätskontrollen gegeben. Derzeit sind noch mehrere Verfahren sowohl wegen Strafsachen als auch wegen Verwaltungsübertretungen anhängig. Ähnlich wie bei nowkr 2012 ist ein Strafverfahren wieder mit dem Vermerk „Dringend“ bereits nach kurzer Zeit zu einer Anklage wegen schwerer Körperverletzung an einem Polizisten (Strafdrohung bis zu drei Jahre) gekommen. Das Verfahren endete im September 2012 mit einem Schuldspruch und einer bedingten Haftstrafe von 6 Monaten. Da die Strafe bedingt ist, muss der Betroffene daher zum Glück nicht in den Knast. Der Vorwurf im Verfahren: Ein Polizist soll durch einen Glassplitter im Auge verletzt worden sein. Eine geworfene Flasche sei am Boden zersplittert und ein Glasslitter dem Polizisten – trotz Visier(!) – ins Auge gesprungen. Leider hatte die betroffene Person aber bereits bei der Festnahme eine umfassende Aussage gemacht.

Vom 8.Mai wurde uns auch von Festnahmen berichtet, die aufgrund von Hinweisen von Zivis geschahen. Betroffene wurden oft erst Stunden nach dem vorgeworfenen Ereignis verhaftet. Diese Observierungen dürften teilweise lange dauern und eine Festnahme durch uniformierte Demopolizeieinheiten erst dann erfolgen, wenn die Person die Demo verlässt und eine Festnahme für die Polizei einfacher und auch unauffälliger möglich ist.

Epizentrum Demo im Nov 2011

Nach der Räumung des besetzten Hauses epizentrum in der Lindengasse gab es eine spontane Demo, die von der Polizei ohne Durchsage einer Auflösung gekesselt wurde. Von allen Betroffenen wurde die Identität festgestellt, einige Personen wurden auch verhaftet. Wir wissen derzeit nur von Geldstrafen gegen die Verhafteten – zwei dieser Verwaltungsstrafverfahren sind jedenfalls noch offen. Wir haben bisher noch von keiner Strafe gegen die eingekesselten DemonstrantInnen erfahren – wir gehen davon aus, dass die Personenkontrollen vor allem erfolgten um die DemonstrantInnen zu identifizieren. Ob die Daten tatsächlich in Polizei- und/oder Verfassungsschutz-Datenbanken weiterverarbeitet wurden, ist uns nicht bekannt. Betroffenen empfehlen wir, ein Auskunftsbegehren nach dem Datenschutzgesetz an das Innenministerium und die Landespolizeidirektion Wien zu stellen.

Anna und Arthur halten`s Maul! Keine Aussage bei Polizei oder Staatsanwaltschaft!

Repression bei IE unibrennt Protesten

3. Mai 2012 Kommentare ausgeschaltet

Am Donnerstag, 19.4.2012 ist von Student_innen aus Protest gegen die geplante Abschaffung des Studiums der Internationalen Entwicklung zuerst das Rektorat und dann das Audimax in der Universität Wien besetzt worden. Beide Proteste wurden von der Polizei und WEGA auf Anordnung des Rektorats gewaltsam beendet und geräumt.

Betroffene von diesen Polizeieinsätzen haben uns von zahlreichen Fällen von Repression und Überwachung berichtet. Betroffenen empfehlen wir folgende Rechtshilfetipps zu beachten: IE Proteste: Tipps für Repressionsbetroffene

Bei Besetzungen ist zu betonen, dass diese in Österreich keine Verwaltungsübertretungen oder Straftaten darstellen! Auch nach der letzten Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes sind Besetzungen keine Verwaltungsübertretungen! Die Polizei darf Besetzungen nur auf Anweisung des/der Besitzer_in (=Rektorat) oder wenn dies zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung notwendig ist, mittels einer Räumungsverordnung räumen. Identitätskontrollen und Foto/Videoaufnahmen sind daher grundsätzlich bei einer Räumung nicht zulässig.

Besetzung und anschließende Räumung des Rektorats und Audimax

Von der Räumung des Rektorats haben uns einige Aktivist_innen berichtet, dass sie bei der polizeilichen Räumung Abschürfungen und leichte Hämatome erlitten haben.

Die Auflösung der Besetzung im Audimax hat die Polizei per Megaphon von einem Eingang zum Audimax gemacht. Diese Durchsage war schwer bis gar nicht verständlich. Einem Ersuchen die Durchsage zu wiederholen oder verständlich durchzusagen, ist die Polizei nicht nachgekommen. Laut Betroffenen wurde eine Frist von 10 oder 15 Minuten bis zur Räumung eingeräumt. Die Polizei hat diese selbst eingeräumte und durchgesagte Frist, jedoch von Anfang an nicht eingehalten und unmittelbar nach der Durchsage sämtliche Ein- und Ausgänge zum Audimax versperrt und niemanden mehr aus dem Audimax gelassen.

Die Durchsage ist um circa 21:30 erfolgt, die Räumung ist um zirka 23:00 beendet gewesen. Der Großteil der Betroffenen ist daher eine bis eineinhalb Stunden von der Polizei festgehalten worden. Von allen Betroffenen hat die Polizei nach einander, ohne Angabe eines Grundes, die Identität kontrolliert, dokumentiert und die Betroffenen per Videokamera einzeln abgefilmt.

Jedenfalls innerhalb dieser Zeit:

  • Hat die Polizei Betroffenen verweigert die Toilette zu benutzen
  • Ist die Lüftung im Audimax (einem fensterlosen Raum) ausgeschalten gewesen
  • Sind die Betroffenen nicht über den Grund ihrer Festhaltung und ihre Rechte informiert worden
  • Sind von der Polizei die Medien vom Audimax ferngehalten worden und nicht in die Uni Wien gelassen worden
  • Haben zahlreiche Polizeibeamt_innen die Herausgabe ihrer Dienstnummer verweigert und/oder nicht angegeben, wo ihr_e zuständige_r Kommandant_in bzw Einsatzleiter_in ist
  • Wurden ohne Grund von sämtlichen Aktivist_innen Identitätskontrollen und auch nicht zulässige Daten wie Matrikelnummer aufgenommen
  • Wurden sämtliche Aktivist_innen mittels Videoaufnahmen von der Polizei einzeln abgefilmt
  • Haben zahlreiche Polizeibeamt_innen mit ihrem Privathandy private Fotoaufnahmen der Aktivist_innen gemacht

Wir verweisen in diesem Zusammenhang auch auf die Empfehlung 2010/04 des Menschenrechtsbeirates zum Umgang mit sogenannten „Polizeikesseln“.

Dieses Vorgehen der Polizei sollte nicht verwundern. Repression, Überwachung, Schikanen und Willkür sind die Antwort des Staates auf emanzipatorischen Protest. Staat, Polizei und Rektorat wollen nicht, dass hier Menschen ohne vorher um Erlaubnis gefragt zu haben, ihren Unmut zum Ausdruck bringen. Die Studierendenprotestbewegung unibrennt scheint seit Jahren im Fokus der Polizei und des Landesamtes für Verfassungschutz Wien (LVT) zu sein. Wir erinnern in diesem Zusammenhang an die vier Repressionsbetroffenen J.A.I.B. der unibrennt Bewegung an der Akademie der Bildenden Künste, deren laufenden Strafprozess und an die parlamentarischen Anfrage von Albert Steinhauser, die ergab, dass die Polizei einem Tag nach der Besetzung des Wiener Audimax 2009 eine geheimdienstliche Überwachung im Rahmen einer erweiterte Gefahrenerforschung startete. Die Absicht der Polizei sämtliche Aktivist_innen in dem Hörsaal festzuhalten und deren Identität festzustellen und auch die vielen anwesenden „Verfassungsschützer_innen“ bei den aktuellen Uniprotesten sollten daher niemanden überraschen.

Repression einfach hinzunehmen und zu sagen, dagegen kann man eh nichts machen, ist jedoch unserer Meinung die falsche Antwort. Es würde heißen Repression als alltäglich als normal anzusehen. Das ist es aber nicht. Auch wenn wir Repression nicht verhindern können, können wir durch deren Aufzeigen, Dokumentation, Kritik daran und durch Unterstützung von Betroffenen eine Antwort darauf geben und Repression bekämpfen.

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Hinweis: Seltsames bei Epizentrum-Demo

2. März 2012 Kommentare ausgeschaltet

Am 8.11.2011 hat es aus Protest gegen die Räumung des Epizentrums (Hausbesetzung in der Lindengasse) am Abend eine Spontandemo gegeben. Beim Getreidemarkt hat die Polizei mehrere Menschen für 1-2 Stunden grundlos eingekesselt und von allen die Identität festgestellt und versucht, Fotos der Betroffenen zu machen.

Uns wurde nun sowohl von Betroffenen als auch von Menschen, die solidarisch vor Ort waren, mitgeteilt, dass mindestens eine, vermutlich aber zwei unbekannte Personen (ein Mann und eine Frau) von allen Menschen, die den Polizeikessel verlassen konnten, Email-Adressen und teilweise andere Daten gesammelt haben. Angeblich haben sich diese Personen als zur Rechtshilfe gehörend oder so ausgegeben und angegeben die Betroffenen vernetzen zu wollen.

Jene Personen, die ihre Emailadresse hergegeben haben, wurden per Email von der Adresse „copwatch.at [ät] gmail.com“ aus über ein Treffen im EKH informiert. Von diesem Treffen wurde jedoch unseres Wissens nach weder jemand vom EKH und von der damaligen Rechtshilfe informiert noch ging dieses Treffen von Rechtshilfe oder EKH aus. Zu dem Treffen kamen zwar einige Betroffene, sonst war aber keineR da.

Wir wollen hier keine unnötige Panik oder Paranoia schieben, aber aus Gründen der Vorsicht über die uns seltsam erscheinenden Dinge informieren:

  • Die Emailadresse „copwatch.at [ät] gmail.comgehört NICHT zur damaligen Rechtshilfe! Wir wissen nicht wer hinter dieser Emailadresse steht. Wir empfehlen daher dieser Emailadresse keine Daten, Infos usw mitzuteilen!
  • Die Unbekannten, die vor Ort am 8.11. Daten eingesammelt haben, sind NICHT von der damaligen Rechtshilfe gewesen – wir wissen nicht wer diese Personen sind!

Bei den Personen/Email-Adresse kann es sich um eine harmlose und gut gemeinte aber verplante Aktion gehandelt haben, genauso können es aber auch Zivi-PolizistInnen oder eine antiantifa Aktion gewesen sein.

Repressions-Betroffenen von dieser Demo helfen wir gerne weiter, wenn ihr Post von der Polizei bekommt oder anderen Fragen zu Antirepression habt. Ihr könnt euch bei uns oder der damaligen Rechtshilfe-Email (einerechtshilfe [ät] riseup.net) melden.

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Verfahrenseinstellungen nowkr 2011 (!) Westbahnstraße

10. Februar 2012 Kommentare ausgeschaltet

Achtung – es geht hier um Rechtshilfeinfos zu nowkr 2011 (!) NICHT 2012!

Bei nowkr 2011 vor knapp mehr als einem Jahr hat die Polizei am 28.1.2011 eine Demo mit mehreren hundert DemonstrantInnen in der Westbahnstraße eingekesselt. Es wurde von allen die Identität festgestellt und gegen fast 200 Menschen absurde Geldstrafen wegen Verstoß gegen das „Rechtsgehgebot“ (Straßenverkehrsordnung) und Störung der öffentlichen Ordnung (Sicherheitspolizeigesetz) verhängt.

Seit einigen Wochen erhalten zumindest einige Repressions-Betroffene, die Einspruch erhoben und sich schriftlich gerechtfertigt  haben, Mitteilungen über die Einstellung des Verfahrens. Die Polizei kommt nach einem Jahr Verfahren drauf, dass kein strafbares Verhalten vorliegt und Demonstrationen unter die Versammlungsfreiheit fallen. Wenn auch euer Verfahren eingestellt worden ist, wären wir euch dankbar, wenn ihr uns darüber kurz informiert!

Wir empfehlen allen Betroffenen die Strafe rechtlich zu bekämpfen und im Falle einer Aufforderung zur Rechtfertigung dies zu tun. Siehe dazu auch die Rechtshilfetipps von September 2011: https://at.indymedia.org/node/21172

Sollten Betroffene trotzdem Straferkenntnisse (Bescheide) erhalten, habt ihr für die Berufung 14 Tage ab Zustellung Zeit. Die Frist beginnt am Tag nach der Übergabe durch den Postmenschen oder dem Einwurf des gelben Zettels im Briefkasten zu laufen. Wenn ihr dazu Fragen habt, meldet euch zeitgerecht, damit ihr keine Fristen versäumt.