Demo-Tipps

19. Juli 2012

Demo einmaleins

Was du auf einer Demo und wenn du Stress mit der Polizei hast, beachten solltest:

Wenn ihr eine Demo organisieren wollt, empfehlen wir euch die Homepage vom Rechtsinfokollektiv (RIKO): Rechtsinfos für die Organisation einer Demo


Auf dem Weg zur Demo

Geht nicht alleine zur Demo, sondern kommt zusammen mit FreundInnen oder Menschen, denen ihr vertraut. Das ist nicht nur lustiger, sonder auch sicherer. Denn so könnt ihr aufeinander aufpassen. Am besten und sichersten seid ihr als Bezugsgruppe unterwegs.

Informiert euch schon im Vorhinein, ob die Demo angemeldet oder untersagt worden ist und wie die Route ist. Schreibt euch die Rechtshilfenummer mit wasserfestem Stift auf den Arm oder Bein, damit ihr sie in jedem Fall immer bei euch habt. Dem Wetter entsprechende Kleidung, Trinken, Essen, Schreibzeug und Papier und wichtige Medikamente, die du brauchst sind auch immer gut. BrillenträgerInnen sollten lieber Brillen tragen (Kontaktlinsen sind bei Pfefferspray sehr unangenehm) und zur Sicherheit Ersatzbrillen mitnehmen.

Zuhause lassen, solltet ihr Alkohol, Drogen, Kalender, Fotos, Tagebücher, persönliche Aufzeichnungen usw. Wenn ihr euch entscheidet eurer Handy mitzunehmen, löscht Fotos, alte SMS und Anruflisten und habt neben eingespeicherten Namen keine unnötigen Kürzel oder Bezeichnungen (zb Anna Autonom oder Arthur Hausbesetzer).


Vermummungs- und Waffenverbot

Auf Demos gibt es in Österreich ein Vermummungs- und Waffenverbot. Es ist nicht nur verboten sein Gesicht zu vermummen, sondern schon auf einer Demo Sachen dabei zu haben, deren Zweck einzig und allein die Vermummung ist (zb Sturmhauben, Masken etc). Schals sind bei kälteren Temperaturen natürlich zulässig, im Hochsommer aber unter Umständen verboten.

Als Waffen gelten nicht nur „typische Waffen“ wie Messer, sondern alle Gegenstände, die geeignet sind und den Umständen nach dazu dienen Gewalt auszuüben (zb Taschenmesser, Stöcke, Stangen, Steine, uU auch Glasflaschen). Passive Bewaffnung (also Kleidung zum Schutz des/der TrägerIn) ist im Unterschied zu Deutschland nicht verboten.

Beide Verbote sind für sich alleine Verwaltungsübertretungen (Geldstrafe), bist du aber bewaffnet und vermummt, ist das eine gerichtliche Straftat!


Die Polizei will meinen Ausweis sehen?

Die Polizei kann nicht einfach so eine Ausweiskontrolle machen. Sie benötigt dazu einen Grund, den sie dir auch sagen muss. Nur auf Bahnhöfen, im Zug oder Autobahn kann die Polizei immer eine Ausweiskontrolle machen. Generelle Ausweis- oder Taschenkontrollen sind vor und bei Demos nicht zulässig! Nach der Kontrolle hast du das Recht auch die Dienstnummer des oder der PolizistIn zu erfahren.

Bei einer Identitätskontrolle bist du nur verpflichtet vollen Namen, Geburtsdatum und Wohnadresse anzugeben – alle sonstigen Fragen musst du nicht beantworten! Unter 18 Jährige müssen auch den Namen ihrer Erziehungsberechtigten (Eltern) angeben.

Es gibt keine allgemeine Ausweispflicht für österreichische StaatsbürgerInnen. Hast du aber keinen Ausweis dabei, kann dich die Polizei zur Kontrolle deiner Angaben auf die Wache mitnehmen. Eine Person mit Ausweis, die dich kennt, kann aber deine Identität bezeugen.
Für Nicht-österreichische StaatsbürgerInnen gibt es in Österreich eine Ausweispflicht.


Wenn du eine Festnahme beobachtest

  • Informiere bitte die Rechtshilfe wer (Name, Geburtsdatum) wo festgenommen wurde
  • Was die Polizei der Person vorwirft und wohin sie gebracht wird/wurde
  • Bei Anrufen bei der Rechtshilfe: Sage nicht deinen eigenen Namen und nicht was wirklich passiert ist – nur wer wo festgenommen wurde und die Vorwürfe der Polizei.
  • Wenn du ZeugIn bist, mach bitte möglichst bald nach dem Vorfall ein Gedächtnisprotokoll und melde dich bei der Rechtshilfe

Wenn du festgenommen wirst

Zuerst mal:

  • Versuche Umstehenden deinen Namen und Geburtsdatum mitzuteilen, damit diese die RH informieren können
  • Wenn noch möglich, schalte dein Handy aus! Ansonsten kann die Polizei deine SMS und Telefonlisten durchschauen.
  • Lass dich auf keine Gespräche oder Smalltalk mit der Polizei ein. Du hast das Recht die Aussage zu verweigern. Sprich daher weder im Polizeiauto, auf dem Weg zur Wache usw noch bei der Vernehmung mit der Polizei.

Dauer der Festnahme:

  • bei einem verwaltungsrechtlichen Vorwurf: maximal 24 Stunden
  • bei einem strafrechtlichen Vorwurf: maximal 48 Stunden,danach musst du freigelassen werden oder ein Gericht Untersuchungshaft verhängen.

Deine Rechte

  • Aussageverweigerung: Du hast als BeschuldigteR das Recht die Aussage zu verweigern! Mach keine Aussage bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft
  • Auskunftsrecht: Du hast das Recht zu erfahren was dir genau vorgeworfen wird und warum du festgenommen wirst! Frag nach!
  • Nichts zu unterschreiben: Du bist nicht verpflichtet irgendwas zu unterschreiben. Da eine Unterschrift keinen Vorteil für dich bringt, empfehlen wir nichts zu unterschreiben!
  • 2 (!) erfolgreiche Anrufe: Bestehe auf dein Recht zu telefonieren und ruf die Rechtshilfe an um ihr zu sagen, wo du bist und was dir vorgeworfen wird – nicht was wirklich passiert ist! Denn bedenke: die Polizei hört mit!
  • Wenn du unter 18 bist, hast du das Recht eine Vertrauensperson bei der Vernehmung dabei zu haben.

Vernehmung und Aussageverweigerung:

Du hast als BeschuldigteR das Recht die Aussage zu verweigern! Bis auf deinen vollen Namen, Geburtsdatum und Wohnadresse musst du nichts sagen.

Wir empfehlen dir unbedingt von diesem Recht Gebrauch zu machen! Das Beste für dich in so einer Ausnahmesituation ist gar nichts zu sagen und auf jede noch so bescheuerte Frage mit „ICH VERWEIGERE DIE AUSSAGE“ zu antworten!

Eine Aussage direkt nach der Verhaftung bringt dir nichts. Du bringst dadurch höchstens dich selber oder andere in Gefahr.  Du kommst durch eine Aussage auch nicht schneller frei. Alles was du sagst, kann und wird gegen dich verwendet werden! Entweder die Polizei hat bereits Beweise gegen dich in der Hand, dann kannst du mit einer Aussage auch nichts daran ändern, oder die Polizei hat keine Beweise gegen dich in der Hand, dann würdest du mit einer Aussage der Polizei nur Informationen liefern, die sie bisher noch nicht hatte.

Durch eine Aussageverweigerung verlierst du auch nichts und sie kann dir nicht negativ angelastet werden. Wenn du unbedingt aussagen willst, kannst du das auch noch später im Verfahren nach der Akteneinsicht, Beratung mit einer Rechtsvertretung und nach guter Überlegung immer noch in Erwägung ziehen.

Eine Vernehmung ist keine angenehme Situation, aber bewahre Ruhe und lass dich nicht unter Druck setzten! Die Polizei wird manchmal versuchen dich mit Vernehmungstricks zu einer Aussage zu bewegen. Aber egal, ob die Polizei auf guter Cop tut, dich in einen Smalltalk verwickeln will oder Verständnis zeigt. Oder dich unter Druck setzen will, dir vorhält deine FreundInnen hätten eh schon alles gestanden oder du wirst große Probleme kriegen, wenn du jetzt nicht redest… Verweigere die Aussage!

Eine Aussage schadet dir in dieser Ausnahmesituation nur. Am schnellsten ist die Vernehmung und die Zeit der Festnahme vorbei, wenn du der Polizei von Anfang an klar machst, dass du unter allen Umständen die Aussage verweigern wirst.

Nach der Freilassung

  • Melde dich bitte nach deiner Freilassung unbedingt bei der Rechtshilfe!
  • Schreibe möglichst bald für dich als Erinnerungshilfe ein Gedächtnisprotokoll und schau, ob es für dich entlastende ZeugInnen gibt.
  • Wenn du Fragen hast oder Post von der Polizei bekommst, melde dich am besten per verschlüsseltem Email bei uns, damit wir dir weiterhelfen können.
  • Beachte die Fristen: Gegen Strafverfügungen hast du 2 Wochen ab Zustellung für einen formlosen Einspruch Zeit. Gegen Straferkenntnisse (=Bescheid) hast du 2 Wochen ab Zustellung für eine begründete Berufung Zeit.
  • Siehe auch unsere Tipps zur Nachbereitung

Ausführlichere Infos zum Thema Demorecht findet ihr auch auf der Homepage des Rechtsinfokollektivs (RIKO): rechtsinfokollektiv.org

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