Repression 2012 – ein update
Im letzten dreiviertel Jahr haben wir mehrere Repressions-Betroffene unterstützt und versucht so gut wie möglich deren Verfahren zu begleiten. Leider kamen wir viel zu wenig dazu über die Repression auch zu berichten – wir wollen das an dieser Stelle ein wenig nachholen:
nowkr 2012: Freisprüche und Einstellungen
Bei den antifaschistischen Protesten gegen den WKR-Ball hat es einige Festnahmen und auch nachfolgende Verfahren gegeben. Die meisten Strafverfahren, die nach nowkr eingeleitet wurden, werden wenig überraschend vom Landesamt für Verfassungsschutz Wien (LVT-Wien) geführt. Das LVT Wien wird hier als „Kriminalpolizei“ für die Staatsanwaltschaft Wien tätig. Auffällig ist, dass Strafverfahren mit Chancen auf eine Verurteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft prioritär behandelt werden und in den Akten dem mit dem Vermerk „dringend“ geführt werden. Dies ist auch der Grund wieso es bereits im März 2012 – und nicht erst wie sonst üblich frühestens ein halbes Jahr nach dem Vorfall – zu mehreren Anklagen kam:
Strafverfahren: Freisprüche und Einstellungen
Das erste Strafverfahren (Anklage wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt) endete erfreulicher Weise Anfang März 2012 mit einem Freispruch für die Betroffene. Wir haben darüber berichtet.
Ende März fand ein weiteres Strafverfahren wegen den Vorwürfen Widerstand gegen die Staatsgewalt und Sachbeschädigung an einem Taxi statt. Das Strafverfahren endete für eine betroffene Person ebenfalls mit einem Freispruch! Die zweite angeklagte Person ist zu dem Strafprozess nicht erschienen. WEGA Polizisten hatten mehrere Personen auf sehr brutale Weise festgenommen und dabei schwer verletzt. Eine betroffene Person hat deswegen sogar bevor sie ins PAZ Rossauer Lände überstellt worden ist ins Krankenhaus müssen! Beim Prozess wurde auch bekannt, dass deswegen gegen einen WEGA Polizisten ein Strafverfahren läuft. Die Anklage wegen Sachbeschädigung stützte sich auf keine Beweise und war vollkommen aus der Luft gegriffen. Die Anklage wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt bei der Festnahme wurde abgelehnt, da für den Betroffenen die Festnahme gar nicht als solche erkennbar, sondern vielmehr wie ein Überfall war.
Im Frühjahr 2012 sind zwei weitere Strafverfahren, ohne das es zu einer Anklage kam, eingestellt worden. Einmal war der Vorwurf Sachbeschädigung und einmal Körperverletzung. Wir möchten in diesem Zusammenhang nochmal betonen wie wichtig die konsequente Aussageverweigerung vor allem bei/nach der Festnahme und im Vorverfahren ist! Eine dieser betroffenen Personen ist von der Polizei zur Befragung vorgeladen worden, sie hat die Aussage verweigert – danach ist das Strafverfahren mangels Beweisen eingestellt worden.
Erfolgreiche Berufungen gegen Verwaltungsstrafen
Im Bereich Kohlmarkt hat es bei nowkr 2012 mehrere Festnahmen wegen dem Vorwurf von Verwaltungsübertretungen gegeben. Acht Betroffene bekamen im PAZ Rossauer Lände ohne die Möglichkeit einer Akteneinsicht und rechtlichen Beratung in einem Schnellverfahren bereits vor ihrer Freilassung mehrere Geldstrafen wegen Verwaltungsübertretungen. Vier Betroffene haben gegen diese Strafen berufen. Mittlerweile sind bereits drei von vier Verfahren vom UVS Wien eingestellt wurden. Die Polizei missachtete ua. das Recht auf Versammlungsfreiheit.
nowkr 2011 – Kessel Westbahnstraße
Obwohl die Polizei seit Dezember 2011 die absurden Verwaltungsstrafverfahren wegen „Gehen gegen die Einbahn“ einstellte, gab es zwei anderslautende Straferkenntnisse, da sich die Betroffenen nicht gerechtfertigt (also sich nicht schriftlich geäußert) hatten. Die Betroffenen haben dagegen berufen und vor dem UVS Wien gewonnen!
8. Mai 2012
Es hat bei den antifaschistischen Protesten mehrere Festnahmen und Identitätskontrollen gegeben. Derzeit sind noch mehrere Verfahren sowohl wegen Strafsachen als auch wegen Verwaltungsübertretungen anhängig. Ähnlich wie bei nowkr 2012 ist ein Strafverfahren wieder mit dem Vermerk „Dringend“ bereits nach kurzer Zeit zu einer Anklage wegen schwerer Körperverletzung an einem Polizisten (Strafdrohung bis zu drei Jahre) gekommen. Das Verfahren endete im September 2012 mit einem Schuldspruch und einer bedingten Haftstrafe von 6 Monaten. Da die Strafe bedingt ist, muss der Betroffene daher zum Glück nicht in den Knast. Der Vorwurf im Verfahren: Ein Polizist soll durch einen Glassplitter im Auge verletzt worden sein. Eine geworfene Flasche sei am Boden zersplittert und ein Glasslitter dem Polizisten – trotz Visier(!) – ins Auge gesprungen. Leider hatte die betroffene Person aber bereits bei der Festnahme eine umfassende Aussage gemacht.
Vom 8.Mai wurde uns auch von Festnahmen berichtet, die aufgrund von Hinweisen von Zivis geschahen. Betroffene wurden oft erst Stunden nach dem vorgeworfenen Ereignis verhaftet. Diese Observierungen dürften teilweise lange dauern und eine Festnahme durch uniformierte Demopolizeieinheiten erst dann erfolgen, wenn die Person die Demo verlässt und eine Festnahme für die Polizei einfacher und auch unauffälliger möglich ist.
Epizentrum Demo im Nov 2011
Nach der Räumung des besetzten Hauses epizentrum in der Lindengasse gab es eine spontane Demo, die von der Polizei ohne Durchsage einer Auflösung gekesselt wurde. Von allen Betroffenen wurde die Identität festgestellt, einige Personen wurden auch verhaftet. Wir wissen derzeit nur von Geldstrafen gegen die Verhafteten – zwei dieser Verwaltungsstrafverfahren sind jedenfalls noch offen. Wir haben bisher noch von keiner Strafe gegen die eingekesselten DemonstrantInnen erfahren – wir gehen davon aus, dass die Personenkontrollen vor allem erfolgten um die DemonstrantInnen zu identifizieren. Ob die Daten tatsächlich in Polizei- und/oder Verfassungsschutz-Datenbanken weiterverarbeitet wurden, ist uns nicht bekannt. Betroffenen empfehlen wir, ein Auskunftsbegehren nach dem Datenschutzgesetz an das Innenministerium und die Landespolizeidirektion Wien zu stellen.
Anna und Arthur halten`s Maul! Keine Aussage bei Polizei oder Staatsanwaltschaft!