Repression bei IE unibrennt Protesten
Am Donnerstag, 19.4.2012 ist von Student_innen aus Protest gegen die geplante Abschaffung des Studiums der Internationalen Entwicklung zuerst das Rektorat und dann das Audimax in der Universität Wien besetzt worden. Beide Proteste wurden von der Polizei und WEGA auf Anordnung des Rektorats gewaltsam beendet und geräumt.
Betroffene von diesen Polizeieinsätzen haben uns von zahlreichen Fällen von Repression und Überwachung berichtet. Betroffenen empfehlen wir folgende Rechtshilfetipps zu beachten: IE Proteste: Tipps für Repressionsbetroffene
Bei Besetzungen ist zu betonen, dass diese in Österreich keine Verwaltungsübertretungen oder Straftaten darstellen! Auch nach der letzten Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes sind Besetzungen keine Verwaltungsübertretungen! Die Polizei darf Besetzungen nur auf Anweisung des/der Besitzer_in (=Rektorat) oder wenn dies zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung notwendig ist, mittels einer Räumungsverordnung räumen. Identitätskontrollen und Foto/Videoaufnahmen sind daher grundsätzlich bei einer Räumung nicht zulässig.
Besetzung und anschließende Räumung des Rektorats und Audimax
Von der Räumung des Rektorats haben uns einige Aktivist_innen berichtet, dass sie bei der polizeilichen Räumung Abschürfungen und leichte Hämatome erlitten haben.
Die Auflösung der Besetzung im Audimax hat die Polizei per Megaphon von einem Eingang zum Audimax gemacht. Diese Durchsage war schwer bis gar nicht verständlich. Einem Ersuchen die Durchsage zu wiederholen oder verständlich durchzusagen, ist die Polizei nicht nachgekommen. Laut Betroffenen wurde eine Frist von 10 oder 15 Minuten bis zur Räumung eingeräumt. Die Polizei hat diese selbst eingeräumte und durchgesagte Frist, jedoch von Anfang an nicht eingehalten und unmittelbar nach der Durchsage sämtliche Ein- und Ausgänge zum Audimax versperrt und niemanden mehr aus dem Audimax gelassen.
Die Durchsage ist um circa 21:30 erfolgt, die Räumung ist um zirka 23:00 beendet gewesen. Der Großteil der Betroffenen ist daher eine bis eineinhalb Stunden von der Polizei festgehalten worden. Von allen Betroffenen hat die Polizei nach einander, ohne Angabe eines Grundes, die Identität kontrolliert, dokumentiert und die Betroffenen per Videokamera einzeln abgefilmt.
Jedenfalls innerhalb dieser Zeit:
- Hat die Polizei Betroffenen verweigert die Toilette zu benutzen
- Ist die Lüftung im Audimax (einem fensterlosen Raum) ausgeschalten gewesen
- Sind die Betroffenen nicht über den Grund ihrer Festhaltung und ihre Rechte informiert worden
- Sind von der Polizei die Medien vom Audimax ferngehalten worden und nicht in die Uni Wien gelassen worden
- Haben zahlreiche Polizeibeamt_innen die Herausgabe ihrer Dienstnummer verweigert und/oder nicht angegeben, wo ihr_e zuständige_r Kommandant_in bzw Einsatzleiter_in ist
- Wurden ohne Grund von sämtlichen Aktivist_innen Identitätskontrollen und auch nicht zulässige Daten wie Matrikelnummer aufgenommen
- Wurden sämtliche Aktivist_innen mittels Videoaufnahmen von der Polizei einzeln abgefilmt
- Haben zahlreiche Polizeibeamt_innen mit ihrem Privathandy private Fotoaufnahmen der Aktivist_innen gemacht
Wir verweisen in diesem Zusammenhang auch auf die Empfehlung 2010/04 des Menschenrechtsbeirates zum Umgang mit sogenannten „Polizeikesseln“.
Dieses Vorgehen der Polizei sollte nicht verwundern. Repression, Überwachung, Schikanen und Willkür sind die Antwort des Staates auf emanzipatorischen Protest. Staat, Polizei und Rektorat wollen nicht, dass hier Menschen ohne vorher um Erlaubnis gefragt zu haben, ihren Unmut zum Ausdruck bringen. Die Studierendenprotestbewegung unibrennt scheint seit Jahren im Fokus der Polizei und des Landesamtes für Verfassungschutz Wien (LVT) zu sein. Wir erinnern in diesem Zusammenhang an die vier Repressionsbetroffenen J.A.I.B. der unibrennt Bewegung an der Akademie der Bildenden Künste, deren laufenden Strafprozess und an die parlamentarischen Anfrage von Albert Steinhauser, die ergab, dass die Polizei einem Tag nach der Besetzung des Wiener Audimax 2009 eine geheimdienstliche Überwachung im Rahmen einer erweiterte Gefahrenerforschung startete. Die Absicht der Polizei sämtliche Aktivist_innen in dem Hörsaal festzuhalten und deren Identität festzustellen und auch die vielen anwesenden „Verfassungsschützer_innen“ bei den aktuellen Uniprotesten sollten daher niemanden überraschen.
Repression einfach hinzunehmen und zu sagen, dagegen kann man eh nichts machen, ist jedoch unserer Meinung die falsche Antwort. Es würde heißen Repression als alltäglich als normal anzusehen. Das ist es aber nicht. Auch wenn wir Repression nicht verhindern können, können wir durch deren Aufzeigen, Dokumentation, Kritik daran und durch Unterstützung von Betroffenen eine Antwort darauf geben und Repression bekämpfen.